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Startseite > Vergleich Jenaer Wohnungsunternehmen > Abbau der Kredite > Wohnungsgenossenschaft Lobeda-West

Wohnungsgenossenschaft Lobeda-West

Unsere Hitliste 2012 zum Mietpreis in Jena haben wir um eine weitere Position verlängert. Eine Genossenschaft der besonderen Art, die Aufmerksamkeit verdient.

Heimstätten-Wohnungsgenossenschaft 6,00 Euro
Wohnungsgenossenschaft Carl Zeiss 5,10 Euro
Jenawohnen (bei einem Gewinn von 15,8 Mio.) 4,93 Euro
Örtliche Wohnungsgenossenschaft 4,85 Euro
Wohnungsgenossenschaft Lobeda-West 4,41 Euro

Die Wohnungsgenossenschaft Lobeda-West ist mit 275 Wohnungen eine der kleinsten und fast familiär geführten Wohnungsunternehmen in Jena. Wir fanden Geschichte, Arbeitsweise und Ergebnisse besonders spannend.

Noch einmal Grundsätzliches zu Genossenschaften:

Die Idee der Genossenschaften entstammt dem späten 19. Jahrhundert. Auch damals kam es mit der verstärkten Industrialisierung zu Wohnungsnot in den Städten. Nur selten gab es Unterstützung durch sozial geprägte größere Unternehmen. Jena hatte dieses Glück und mit den Namen Carl Zeiss und Ernst Abbe verbinden sich heute noch ganze Wohnsiedlungen.

Anderswo und parallel auch in Jena setzte eine Gründungswelle von Genossenschaften ein. Nicht nur Wohnungsgenossenschaften, auch Einkaufs- und Konsumgenossenschaften, selbst Genossenschaftsbanken wurden gegründet. Alles Einrichtungen, die heute noch existieren.

Genossenschaften waren immer Hilfe zur Selbsthilfe! Dort, wo es dem Einzelnen an Kraft und Vermögen fehlte, wurde dieser Nachteil durch den Verbund einer Gemeinschaft ersetzt. Das solidarische Miteinander wird bewusst in den Vordergrund gerückt. Und nicht nur das: Es wurde immer auch verstanden als ein Abkoppeln und eine Alternative zur zügellosen Marktwirtschaft. Der Gewinn und der Vorteil durch Großeinkauf, durch gemeinschaftliches Wohneigentum usw. kommt allen zugute und werden gerecht aufgeteilt.

Eigentum, Gewinn und Entscheidungsbefugnisse in einer Genossenschaft sind ganz besonders geregelt: Man kann durch mehr materiellen Einsatz nicht mehr Entscheidungsrechte bekommen (wie etwa in einer GmbH). Jedes Mitglied ist gleich gestellt. Das ist so gewollt und soll das Solidaritätsgefühl, das Aufeinander-angewiesen-sein fördern. Und das ist das Erfolgsrezept dieser mehr als 100jährigen Geschichte.

Schnee von gestern? Nein, das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und ebenso die Bertelsmann-Stiftung empfehlen seit geraumer Zeit mit großem Nachdruck die Gründung von Wohnungsgenossenschaften als Ausweg aus der Wohnungsmisere. Neugründungen werden heute wieder gefördert und unterstützt.

Den Reaktionen im Web ist gelegentlich beim Blick auf Genossenschaften ein etwas überheblicher Unterton anzumerken, weil man meint, mit den Kenntnissen der BWL, die Gesetze der Marktwirtschaft auch vollständig auf Genossenschaften übertragen zu können – nein, gerade das soll ja vermieden werden!

Ein Beispiel zur Verdeutlichung:

Man stelle sich vor, es würden sich 8 Interessenten an einem gemeinsamen Wohnprojekt finden und die würden eine Genossenschaft gründen, um zusammen eine mehrgeschossige Wohnanlage zu errichten. Es wird eine Satzung beschlossen und ein Vorstand gewählt, der im Rahmen der Satzung agiert – exakt so schreibt es das Genossenschaftsgesetz vor.

Nehmen wir an, es findet sich eine Bank als Geldgeber und das Projekt wird sachgerecht geplant und ausgeführt. Die vereinbarten monatlichen Gebühren sind so berechnet, dass der Kredit nach 20 bis 30 Jahren getilgt ist.

  • Welchen Grund sollte es für diesen Vorstand und diese 8 Mitglieder geben, die Gebühren nach Tilgung der Kredite nicht auf ein niedriges Niveau in Höhe der Kosten abzusenken?
  • Warum sollte das soziale Engagement für andere über ein angemessenes Maß der Beratung und Begleitung einer selbständigen Nachbargenossenschaft hinaus gehen?
  • Warum sollte das anders sein, wenn die Genossenschaft nicht 8, sondern 1000 Mitglieder hat?

Jena hat einen Bestand von etwa 1.100 Genossenschaftswohnungen, die in über 7 Genossenschaften organisiert sind. Darüber hinaus eine Anzahl von Wohnungen mit Stiftungscharakter.

Die Wohnungsgenossenschaft Lobeda-West

Die Genossenschaft wurde 1995 im Rahmen des Altschuldenhilfegesetzes durch Abspaltung aus dem städtischen Immobilienbestand gegründet. Die Bewohner selbst hatten sich notgedrungen zu diesem Schritt entschlossen. Alternativ wäre der Bestand sonst an fremde Interessenten verkauft worden.

Die Bausubstanz stammte aus dem Jahre 1966 – das Älteste also, das Lobeda zu bieten hatte. Die meisten Bewohner wohnten seit dem Erstbezug dort und vermögend war von denen niemand. Jede Investition musste durch Kredite finanziert werden. Und die Genossenschaft hat kräftig investiert:

  • Aufzüge an jedem Eingang,
  • Anbau zusätzlicher Balkone,
  • Umrüstung von Gas- auf Elektroausstattung,
  • Erneuerung der Leitungssysteme,
  • Zukauf eines Flachbaus als Verwaltung, Club und Begegnungsstätte. Dort kann man auch ein Mittagessen bekommen und weitere Freizeitangebote nutzen.

Die Genossenschaft hat durch eigene Beschlüsse entschieden, die Kosten nicht auf die monatlichen Gebühren umzulegen, sondern gemeinschaftlich als Kredit abzutragen.

Die Nutzungsentgelte sind transparent, gelten für alle gleichermaßen und stehen auf der Webseite. Einen Unterschied zwischen Bestandsmiete und Neuvermietung gibt es nicht.

Hohe Leistungen und niedrige Kosten – wie geht das? Durch das Engagement der Mitglieder. Vieles wird durch Eigenleistung erbracht. Man muss keinen Gärtner bezahlen, wenn das eigene Handanlegen Spaß macht. Man wohnt nicht zur Miete, nicht anonym, sondern eben in einer Genossenschaft. Und die Liste der Bewerber für eine Wohnung ist gerade deswegen und nicht allein wegen der geringeren Kosten so lang.

Um den Kostenstand zu halten, wirtschaftet die Genossenschaft rein finanziell immer hart am Limit. Die Verwaltungskosten sind sehr gering, die Instandhaltung durch Eigenleistungen gestützt. Dafür ist die Zinsbelastung wirklich sehr hoch. Das entspricht aber der Strategie der Genossenschaft und ist so durch Beschluss herbeigeführt. Trotzdem sollen die Kredite bis 2021 komplett getilgt sein.

Die Vergleichsübersicht

In kontinuierlicher Folge werden wir weitere Jenaer Wohnungsunternehmen in diese Übersicht einbinden und bewerten.

Zur Übersicht:

Wohn.-Untern.

 

2010

2011

2012

Schuldenfrei

Jenawohnen

Kreditschulden

ca. 99 Mio

ca. 89 Mio

ca. 78 Mio

2020

Zinsenlast

0,41

0,36

0,31

 

Kaltmiete

4,69

4,80

4,93

 

Örtliche Wohnungs-Genossenschaft

Kreditschulden

6,725 Mio

5,986 Mio

5,630 Mio

2025

Zinsenlast

0,69

0,57

0,52

 

Kaltmiete

4,79

4,82

4,85

 

Wohnungs- Genossenschaft Lobeda-West

Kreditschulden

5.154 Mio

4.898 Mio

4.518 Mio

2021

Zinsenlast

1,34

1,26

1,19

 

Kaltmiete

4,41

4,41

4,41

 

Die Kreditschulden sind in absoluten Werten angegeben, die Zinsbelastung als Anteil an der monatlichen Kaltmiete je qm in Euro.

Und wenn dann alle Kreditschulden getilgt wurden, welche Einnahmen sind noch für die normale Funktion des Wohnungsunternehmens notwendig, um die Verwaltung im bisherigen Umfang abzusichern und alle notwendigen Instandhaltungen zu finanzieren, die Kostenmiete also?

Kostenmiete:

Jenawohnen (mit einer Gewinnabführung von 15,8 Mio.) 3,75 Euro ab 2020
Örtliche Wohnungsgenossenschaft 1,58 Euro ab 2025
Wohnungsgenossenschaft Lobeda-West 1,60 Euro ab 2021

(Die Instandhaltungskosten haben wir auf den Normwert angehoben)